Der Grenzgänger von Beuron - 100. Todestag von Bischof Willibrord Benzler OSB

"Die Benediktiner sind überhaupt vortreffliche Leute, die kann ich zu Bischöfen brauchen", so Kaiser Wilhelm II. über die Beuroner Benediktinerkongregation. Mönchtum ist nicht nur Weltflucht. Auch Weltzuwendung und Weltgestaltung sind gefragt. Dies erfährt der Beuroner Mönch Willibrord Benzler OSB mit einem Lebensweg als „Grenzgänger“. Als Novize erleidet er den Kulturkampf im Exil. Als Prior trägt er zur Blüte der Beuroner Kongregation bei. Als Abt von Maria Laach erlebt er die Vorzugsstellung der Benediktiner durch den Kaiser. Als Bischof von Metz an der Grenze zum "Erbfeind" Frankreich fällt er beim Kaiser in Ungnade, weil er Gott mehr gehorcht als den Menschen.

Den Lebensweg des „Grenzgängers von Beuron“ hat der aus Sigmaringen-Laiz stammende Adalbert Kienle, früherer Stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, in der Reihe „Beuroner Profile“ (Beuroner Kunstverlag, 2019) anschaulich erzählt. Das Buch wurde bei der Katholischen Akademie in Berlin sowie im Rahmen einer Vorstellungsveranstaltung in Sigmaringen-Laiz präsentiert, bei der auch der Schwager des Autors, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, anwesend war. Die folgende Darstellung bezieht sich auf eine Buchbesprechung von Kai-Uwe Merz in der benediktinischen Zeitschrift „Erbe und Auftrag“.

Adalbert Kienle gibt mit seinem Buch ein Lebensbild des gebürtigen Sauerländers Karl Benzler aus dem bäuerlichen Hemer in der Zeit sozialer Gegensätze, epochaler Entwicklungen, bedeutender katholischer Gestalten, schließlich politischer Konflikte von Einigungskriegen über Reichsgründung und Kulturkampf bis zu Erstem Weltkrieg und Revolution. Der Theologiestudent Benzler scheitert mit seinem Wunsch, Jesuit zu werden. Der erste Besuch in Beuron ist zufällig. Am 7. Oktober 1874 wird aus Karl der Postulant Willibrord. Kurz vor Beginn des Noviziats ergehen in Berlin die „Maigesetze“. Auflösung und Ausweisung von Abtei und Mönchen folgen. Wege über Grenzen: Ziel ist Volders in Tirol. 1877 wird Willibrord Benzler zum Priester geweiht. Nach einem Aufenthalt im Stift Emaus in Prag übernimmt P. Willibrord als Prior Leitungsverantwortung in der Klosterneugründung Seckau in der Steiermark. Nach Beendigung des Exil 1887 wird er zum ersten Abt der von Beuron aus wiederbesiedelten Benediktinerabtei Maria Laach in der Eifel ernannt. Es beginnt eine Epoche der Nähe zwischen den Beuronern und dem protestantischen Kaiser Wilhelm II. Ihm macht Willibrord 1894 in Potsdam Aufwartung, bleibt jedoch skeptisch hinsichtlich der Gunsterweise seitens des Kaisers – insbesondere wegen einer möglichen Instrumentalisierung von Religion und Kirche durch die kaiserliche Politik. 1901 wird Willibrord Benzler mit der Ernennung zum Bischof der Festungsstadt Metz im eroberten Lothringen wiederrum zum Grenzgänger. Der Bruch mit dem Kaiser folgt 1904. Die Spannungen zwischen Politik und Religion steigern sich im Weltkrieg. Nach der deutschen Niederlage muss Willibrord Benzler als Reichsdeutscher 1919 seine Bischofsstadt Metz verlassen und kehrt nach Beuron zurück. Er stirbt am 16. April 1921 in der Zisterzienserinnen-Abtei Lichtenthal bei Baden-Baden. Seine letzte Ruhestätte hat Willibrord Benzler in der Abteikirche seines Heimatklosters in Beuron gefunden.

In seiner Besprechung geht Kai-Uwe Merz auch auf die von Kienle in seinem Lebensbild ge-würdigte „vermächtnishaft anmutende Mentorenrolle Benzlers für den jungen Anwalt Robert Schuman in Metz“ ein, den der Bischof zu Treffen der Liturgischen Bewegung hinzuzog. „Schuman, der französische Partner Konrad Adenauers, sah hier den Grundstein für das kommende Europa, das anfangs ein katholisch inspiriertes Europa gewesen ist.“ Das Lebensbild „Grenzgänger von Beuron“ leistet, so die Einschätzung des Rezensenten, einen wichtigen Beitrag zur Ordensgeschichte und ist zugleich ein Stück Heimatgeschichte, die weit über die Grenzen des Beuroner Tals nach Europa hinausweist. In der Gestalt Willibord Benzlers erweise sich Beuron neben seinen vielen anderen Qualitäten einmal mehr als Ort politischer Dimensionen.

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