Wir wünschen Ihnen "Gesegnete Weihnachten"

Nur wie nebenbei charakterisiert Rudolf Stahel (vor 1473–1528) mit einigen wie Staffagen wirkenden Requisiten die vorliegende Darstellung als Weihnachtsbild; man erkennt wie unwichtig zur Seite geschoben die Futterkrippe mit Ochs und Esel und weit entfernt im Hintergrund eine Verkündigung an die Hirten. Was gezeigt wird, kommentiert die anachronistisch mit erhobenem Blick am linken Bildrand kniende Frauengestalt mit Pilgerstab und Nimbus, die hl. Birgitta von Schweden (1302/03-1373). Sie machte die franziskanischen „Meditationen über das Leben Christi“ aus dem frühen 14. Jh. populär und stieß damit eine ganz neue, eher befremdlich wirkende Darstellungsweise der Geburt Christi an. Gezeigt wird symbolisch-bildhaft der theologische Hintergrund des vordergründigen Geschehens. Zunächst verweist eine Palastruine auf das längst unköniglich gewordene Haus Davids. Sie dient nun als zugiger Stall, wo der letzte Spross des königlichen Hauses völlig unköniglich buchstäblich zu einer Welt kommt, die von allen Seiten durch tür- und fensterlose Öffnungen hereindrängt. Er sinkt, obwohl Gott, nackt, ganz und gar entäußert (Phil 2,7), eben Mensch geworden, ungeschützt auf die bloßen Fliesen des Steinbodens am Ende einer goldenen Lichtbahn nieder, die in weiter Ferne vom Mund eines bärtigen, uralten Gottvaters mit Kaiserkrone und Reichsapfel ausgeht: „Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“ vor aller Zeit, in seiner Menschengestalt gewirkt vom Heiligen Geist (Lk 1,35), der im Symbol der Taube Flügel und Fänge weit über dem Kind ausspannt. Darüber intonieren drei zu herzigen Putti verkleinerte Engel – der Knecht ist nun einmal nicht größer als sein Herr (Joh 15,20) – das Gloria der Heiligen Nacht.
In das Weiß des ungebrochenen Lichtes Gottes und der jungfräulichen Verfügbarkeit für ihn gehüllt, kniet anbetend mit gefalteten Händen, liebend gefasst Maria, wissend, ihr gegenüber Josef eher staunend. Als hätte sie gar nicht geboren, als sei das Kind nicht ihr Eigen, erhebt die Gottesmutter den Blick zu Gottvater. Oder schaut sie zu den beiden Gestalten, die diagonal zu Birgitta, wie noch im Vorfeld, durch eine Fensterluke die Erfüllung ihrer Verheißungen beobachten, die beiden Propheten Jesaja und Habakuk (Jes 7,14; 1,3; Hab 3,2 gr.)? Jedenfalls hat sie wie einst Mose vor dem brennenden Dornbusch (Ex 3,4) ihre Stiefel abgelegt, weil der Boden heilig ist, auf dem Gottes Sohn ankommt — und das wird in der Folge weihnachtlich beschenkt jedes Herz sein, in dem er Wohnung nehmen darf, sorgfältig behütet vom Himmel und den Menschen seines Wohlgefallens. - AG

Frohe Festtage und ein friedvolles, gesegnetes Jahr des Herrn 2014
wünschen Ihnen

Erzabt Tutilo Burger &
der Konvent von Beuron

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